Als Bertha von Suttner mit ihrem Mann in Georgien ankam, galt der Kaukasuskrieg bereits als beendet. Die Erinnerung daran war allerdings noch überaus lebendig und ist es bis in unsere Gegenwart. Über Jahrzehnte hinweg wütete hier ein blutiger Konflikt, der erst 1864 sein vorläufiges Ende fand. Nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 brachen diese Spannungen vielerorts wieder in einem Bürgerkrieg auf; so unter anderem in Tschetschenien (1994-1996 und 1999-2009), sowie 2008 im kurzen russisch-georgischen Krieg um Abchasien und Süd-Ossetien.
Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts trachtete das Russische Zarenreich danach, den Kaukasus gewaltsam in sein Herrschaftsgebiet einzugliedern. Die Zivilbevölkerung hatte dabei am meisten darunter zu leiden. Auf beiden Seiten gehörten Grausamkeiten und Verbrechen zum Kriegsalltag. Entführungen von russischen Militärs und Reisenden waren keine Seltenheit. Nur durch hohe Lösegeldforderungen an die Angehörigen konnten Gefangene ihre Freiheit wiedererlangen.
Zahlreiche russische Schriftsteller – darunter so bekannte wie Alexander Puschkin, Michail Lermontow oder Lew Tolstoi – fühlten sich einerseits von der Exotik des Kaukasus und seiner Kulturen angezogen, erkannten andererseits aber auch die um sich greifende Ungerechtigkeit, Unterdrückung und allgemeine Gewaltbereitschaft gegenüber den und innerhalb der dort lebenden Menschen. Viele Menschen hatten ihre Freiheit eingebüßt und fristeten oftmals am Rande ihrer Existenz ein wenig beneidenswertes Dasein. Vielfach thematisierte die Literatur Ereignisse aus diesem Krieg und versuchte, ein etwas ausgewogeneres Bild dieses Raumes und seiner Bewohner zu vermitteln. So veröffentlichte 1872 Lew Tolstoi eine bis heute in Russland ungemein populäre Erzählung mit dem Namen „Der Gefangene im Kaukasus“. Gemeinsam mit der gleichnamigen lyrischen Dichtung Alexander Puschkins prägt dieses populäre Werk das bis ins heutige Russland hineinwirkende Bild vom Kaukasus, das die besiegte Seite genauso ins Blickfeld der Öffentlichkeit rückte wie es langlebige Stereotypen formulierte, die ungebrochen weiter existieren.
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