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Aufgabe 3

Martha reist 1866 an die Front im Preußisch-Österreichischen Krieg und sieht dort die Schrecken des Krieges mit eigenen Augen.

  • Informiert euch im Video „Die Schlacht von Königgrätz“ unter https://www.youtube.com/watch?v=eUFozZBTWqs über die Hintergründe, den Verlauf und die Ergebnisse des Preußisch-Österreichischen Krieges.
  • Lest den Auszug aus dem Vierten Buch des Romans. Stellt die Bedeutung eines Krieges für die Politik einerseits und für die beteiligten Menschen andererseits gegenüber.
»Das Dorf ist unser – nein, es ist des Feindes – und wieder unser – und abermals des Feindes, aber ein Dorf ist's nicht mehr, sondern ein rauchender Trümmerhaufen.

Die Bewohner (war es nicht eigentlich ihr Dorf?) hatten es schon früher verlassen und waren geflohen. Zum Glück – denn der Kampf in einem bewohnten Orte ist gar etwas Fürchterliches, denn da fallen die Kugeln von Feind und Freund mitten in die Stuben hinein und töten Weiber und Kinder. – Eine Familie war dennoch in dem Orte zurückgeblieben, den wir gestern genommen, verloren, wieder genommen und verloren haben, nämlich ein altes Ehepaar und dessen Tochter – diese im Kindbett. Der Gatte dient in unserem Regiment. Er sagte mir's, als wir uns dem Dorfe näherten: »Dort, Herr Oberstleutnant, in dem Hause mit dem roten Dach, lebt mein Weib mit ihren alten Eltern ... Sie haben nicht fliehen können, die Armen ... mein Weib muß jede Stunde niederkommen, und die Alten sind halb gelähmt um Gotteswillen, Herr Oberstleutnant, kommandieren Sie mich dorthin.« – Der arme Teufel! er kam gerade zurecht, um die Wöchnerin und das Kind sterben zu sehen; eine Bombe war neben dem Bette geplatzt .... Was mit den Alten geschehen, ich weiß es nicht. Vermutlich unter den Trümmern begraben; das Haus war eins der ersten, welches in Brand geschossen wurde. Der Kampf auf offenem Felde ist schaurig genug; aber der Kampf inzwischen menschlicher Wohnungen ist noch zehnmal grausiger. Stürzendes Gebälk, aufschlagende Flammen, erstickender Rauch – vor Angst tollgewordenes Vieh – jede Mauer Festung oder Barrikade, jedes Fenster Schießscharte ... Eine Brustwehr habe ich da gesehen, die war aus Leichen gebildet. Da hatten die Verteidiger alle in der Nähe liegenden Gefallenen aufeinandergeschichtet, um, so geschützt, darüber auf den Angreifer hinwegzuschießen. Diese Mauer vergesse ich wohl im Leben nicht: ... Einer, der als Ziegel diente – zwischen den anderen Leichenziegeln eingepfercht – der lebte noch, bewegte die Arme. – – –

»Lebte noch«: das ist ein Zustand – im Krieg in tausend Varianten vorkommend – der die maßlosesten Leiden in sich birgt. Gäb' es irgend einen Engel der Barmherzigkeit, der über den Schlachtfeldern schwebte, er hätte vollauf zu tun, den armen Wichten – Mensch und Tier – die »noch lebten«, den Gnadenstoß zu geben.«




Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!, Buch 4, zit. n. https://www.projekt-gutenberg.org/suttner/waffenni/chap004.html.
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